STIFTUNG ANTISEMITISMUS
KLARE HALTUNG FÜR ISRAEL UND GEGEN ANTISEMITISMUS
Judenfeindlicher Hass, antisemitische Verschwörungsmythen und islamistische
Schreckensparolen sind nicht nur ein Anschlag auf Würde und Rechte, sondern auch
auf die Prinzipien des Liberalismus.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Stellvertretende Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit
Ein Satz von Marcel Reich-Ranicki, Literaturkritiker und Überlebender des Warschauer Ghettos, geht mir derzeit wieder durch den Kopf: „Unverständlichkeit ist noch lange kein Beweis für tiefe Gedanken.“ Derzeit versuchen sich einige Kommentatoren tief auf die Hintergründe des Nahostkonflikts zu konzentrieren und ihre Einordnung wirkt vor versuchter Ausgewogenheit schon unverständlich und uneindeutig. Es gibt zugegebener Maßen wenige Orte mit einer tieferen und längeren Geschichte der Konflikte. Aber wir dürfen bei den Komplexitäten der Hintergründe nie vergessen, dass die Geschichte des 7. Oktobers 2023 klar und eindeutig ist.
POGROM UND MASSENMORD
Terroristen der Hamas überquerten die Grenze des Gazastreifens und zogen von Haus zu Haus, um Juden zu ermorden. 1.200 Menschen fielen dem größten Pogrom und Massemord an Juden seit der Schoah zum Opfer. Tausende wurden verletzt, Hunderte zu Geiseln und ein ganzes Land traumatisiert. Groß war das erste Entsetzen, glücklicherweise ebenso groß die erste Welle der Solidarität. Doch schon kurz nach der massenhaften Ermordung von Zivilisten bröckelt diese. In Deutschland demonstrierten schon in den ersten Wochen bei laufendem Raketenterror der Hamas mehr Menschen in Solidarität mit den Menschen im Gazastreifen, als in Solidarität mit den Opfern des Terrors in Israel.
SOLIDARITÄT UND TÄTER-OPFER-UMKEHR
Jede Solidarität mit toten Zivilisten und Empathie mit dem Leid der Opfer sind begrüßenswert. Aber die Solidarität mit den Menschen im Gazastreifen wurde vielerorts zu einer Täter-Opfer-Umkehr instrumentalisiert, judenfeindlicher Hass und islamistische Schreckensparolen wurden unüberhörbar. Die deutschen Behörden verzeichnen dabei einen dramatischen Anstieg antisemitisch motivierter Straftaten. Antisemitismus war nie eine abstrakte Bedrohung, sondern schon immer bittere Realität im Alltag von Jüdinnen und Juden. Es ist ein unerträglicher Zustand, dass seit dem 7. Oktober Juden in Deutschland wieder Angst im Alltag haben müssen. Das verlangt weiter entschiedenes Regierungshandeln, konsequente Antworten des Rechtsstaats sowie von uns allen.
EINE KLARE LIBERALE STIMME
Die Stiftung nimmt den Anstieg von Israelhass und Antisemitismus sehr ernst und hat deswegen in ihren Programmen, Veranstaltungen und Beiträgen einen verstärkten Fokus auf den Themenkomplex Israel, Judentum und Antisemitismus gelegt. Seit Jahren organisiert die Stiftung deutschlandweit Veranstaltungen an Schulen zur Sensibilisierung gegen Antisemitismus. An inzwischen über 500 Veranstaltungen an Schulen kam dabei der Rapper Ben Salomo mit unterschiedlichen Moderatoren der Stiftung zum Einsatz, um mit Schülern über seine eigene Biografie über Antisemitismus ins Gespräch zu kommen. Auf Stiftungsveranstaltungen mit unseren eigenen Expertinnen und Experten, engagierten Jungen Liberalen wie Anna Staroselski, Sprecherin der Werteinitiative, erfahrenen Journalisten wie Richard C. Schneider und vielen Freien Demokraten von den Liberalen Freunden Israels bis zu vielen Bundestagsabgeordneten tragen wir dazu bei, dass liberale Stimmen laut, deutlich und klar hörbar werden.
ANTISEMITISCHE VERSCHWÖRUNGSMYTHEN, CODES UND METAPHERN
Doch vor dem ansteigenden Antisemitismus im Zusammenhang mit klassischen antijüdischen Verschwörungsmythen und Israelhass und der erschreckend geringen Unterstützung Israels in der deutschen Bevölkerung ist das alles nicht genug. Während für die Ukraine erfreulicherweise Hunderttausende durch die Straßen in Deutschland zogen, waren auf der historisch größten Demonstration für Israel direkt nach dem Terrorakt der Hamas in Berlin keine 30.000 Unterstützer zu sehen.
Mit einer neuen Serie von Artikeln auf Webseite und Sozialmedien versuchen wir deshalb, Antisemitismus auch dort zu dekodieren, wo er in versteckter Form daherkommt. Denn Antisemitismus wird durch Codes und Metaphern kommuniziert, die wie ein schleichendes Gift die Meinungen der Menschen beeinflussen. Wenn Rechtsradikale vom „Bevölkerungsaustausch“ sprechen, suggerieren sie, es gäbe eine globale Elite mit einem geheimen Plan. Da erkennt man auch schnell den klassischen antisemitischen Verschwörungsmythos einer „jüdischen Weltverschwörung“ dahinter.
DEUTUNGSHOHEIT UND DÄMONISIERUNG
Aber auch wenn Linke voller Empathie für das Leid der Palästinenser Israel schnell als „Unrechtsstaat“ oder „Apartheidstaat“ bezeichnen, sind das Schlagworte zur Dämonisierung Israels. Israel werden grundsätzlich böse Absichten unterstellt. Für Israel gibt es dann eben keinen Funken Empathie – beispielsweise dafür, dass zum Schutz der eigenen Bevölkerung und in Ausübung des Selbstverteidigungsrechtes Krieg gegen eine aktive Terrororganisation geführt werden muss. Der Begriff Apartheid, der entweder unreflektiert oder bösartig auch von manchen Menschenrechtsorganisationen übernommen wurde, versucht zu suggerieren, Israel sei ein rassistisches Konstrukt. Israel wird dämonisiert, ohne der komplexen israelischen Demokratie mit arabischen Parteien im Parlament gerecht zu werden.
In der islamistischen Erzählung zum Nahostkonflikt wird der Begriff Zionismus selbst zu einem antisemitischen Code, der auch in der deutschen Bevölkerung verfängt. Denn Zionismus beschreibt eigentlich das Streben der Jüdinnen und Juden zu einem eigenen Nationalstaat. Das ist ein legitimes und nach jahrhundertelanger Verfolgung und der Schoah auch notwendiges Anliegen, dessen Schutz wir in Deutschland richtigerweise zu einem Teil unserer Staatsraison gemacht haben. In der Umdeutung wird Zionismus von Islamisten als geheime Weltverschwörung mit bösen rassistischen und kolonialen Zielen verwendet. Der Staat Israel wird so im antisemitischen Verschwörungsmythos unter der verdrehten Verwendung des Begriffs Zionismus als grundböse dämonisiert. Es ist ein billiger rhetorischer Trick zu sagen, man habe mit Juden kein Problem, aber mit Zionisten. Das eint rechtextreme, linke Gruppierungen und Islamisten, aber ich habe eine beeinflusste Verwendung des Begriffs auch schon von Demokraten gehört.
ANTISEMITISMUS ERKENNEN UND ENTGEGENTRETEN
Vor dieser Bedrohungslage in politischen Parolen bis zu Straftaten müssen wir Freien Demokraten mit den demokratischen Kräften der Mitte vereint Antisemitismus und Israelhass entschieden und initiativ bekämpfen. Wir müssen Antisemitismus dekodieren lernen, dass wir auch langfristig dafür sorgen können, dass sich Jüdinnen und Juden in Deutschland wieder sicherer fühlen und wissen, dass unsere Staatsraison keine leere Floskel ist. Der beste Schutz für Jüdinnen und Juden ist ein Deutschland, das als liberaler Rechtsstaat mit Bürger- und Minderheitenrechten jedes Individuum schützt, unabhängig von Herkunft, Religion, ethnisch-kultureller Zugehörigkeit oder sexueller Orientierung. Aber eben auch Durchsetzungsfähigkeit gegenüber den intoleranten Feinden der offenen Gesellschaft zeigt. Ein Deutschland, das nicht nur mit seinen Rechtsdurchsetzungsorganen, sondern auch mit einer starken Zivilgesellschaft, freien Medien und hörbaren Freien Demokraten jüdisches Leben unterstützt. Das ist unsere Verantwortung aus unserer Geschichte.
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