AUSSENPOLITIK IRAN-STRATEGIE

ALLES ODER NICHTS

WIRD DER TRAUM VON EINEM FREIEN IRAN WIRKLICHKEIT?

Der Iran erlebt derzeit einen revolutionären Prozess. Daraus könnte sich ein historisches Momentum für den gesamten Nahen und Mittleren Osten ergeben. Deutschland und Europa indes hinken der Entwicklung hinterher.

Bijan Djir-Sarai

Bijan Djir-Sarai

FDP-Generalsekretär

Es waren die Frauen im Land, die zuerst auf die Straße gegangen sind und eine Bewegung ausgelöst haben. Die Frauen stehen an der Spitze der Bewegung, doch sie sind nicht alleine. Frauen und Männer jeden Alters und aus allen Bevölkerungsschichten protestieren gemeinsam, um das kriminelle, korrupte, antisemitische, homophobe, frauen- und menschenfeindliche Mullah-Regime zu stürzen. Möglich, dass wir bald die Rückabwicklung der sogenannten Islamischen Republik Iran erleben. Leider reagiert die EU auf die neue Entwicklung in der Region weiterhin zu zögerlich. Gerade jetzt wäre es nötig, zügig und entschlossen eine neue Iran-Strategie zu entwickeln. Denn wenn wir es mit der Solidarität wirklich ernst meinen, hilft nur eine außenpolitische Wende, bevor das Regime einen blutigen Rachefeldzug beginnt. Vier wichtige Kernelemente sollte ein Strategiewechsel enthalten:

1 Das zuletzt auf EU-Ebene verabschiedete Sanktionspaket geht in eine richtige Richtung. Es geht dabei um Einreiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten innerhalb der EU. Doch weitere Maßnahmen sind dringend notwendig. Dazu gehören vor allem Sanktionen direkt gegen führende Vertreter des Regimes und gegen iranische Parlamentsabgeordnete.

2 Die „Armee der Wächter der Islamischen Revolution“, kurz Revolutionsgarde, muss als Terrororganisation eingestuft werden. Deutschland sollte hier eine Vorreiterrolle einnehmen und auf EU-Ebene um Unterstützung werben. Die Revolutionsgarde ist elitärer Teil des iranischen Regimes und zugleich wichtigster wirtschaftlicher Drahtzieher des Landes. Sie ist zudem eng mit der islamistischen Terrororganisation Hisbollah im Libanon verbunden.

3 Die Verhandlungen über das Atomabkommen mit dem Iran müssen jetzt auch offiziell ausgesetzt werden. Die Vereinigten Staaten haben dies jüngst vorgemacht. Es ist widersinnig, daran festzuhalten, da mit dem Abkommen auch der Abbau von Sanktionen verbunden wäre. Am Umgang mit dem Abkommen bemisst sich, was die Solidarität Deutschlands und der EU wert sind. Die Menschen im Iran wollen dieses Regime überwinden. Es hat bereits jegliche Legitimation verloren. Infolgedessen können wir keine Verhandlungen führen, die das Regime wieder stärken würden.

4 Ob Irak, Syrien, Libanon oder Jemen – der Iran erschüttert den Nahen und Mittleren Osten geopolitisch und ist verantwortlich für Destabilisierung und eklatante Menschenrechtsverletzungen. Zudem unterstützt die iranische Führung Russland im völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine mit Drohnen und verfolgt darüber hinaus das Ziel, Israel von der Landkarte zu tilgen.

Diese vier genannten Schritte sollten wir gehen, um die todesmutigen Frauen und Männer im Iran wirklich zu unterstützen. Das wäre tatsächlich Ausdruck einer wertebasierten Außenpolitik. Auch wenn der Sturz der Mullahs erst in Monaten oder Jahren erreicht werden sollte: Dem Regime wird es nicht mehr gelingen, den Freiheitswillen der Bevölkerung zu ersticken.

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